Zurüruck zum Inhalt

Shared Spaces

Donnerstag, 2. September 2010, geschrieben von Mimi Müller

Ich las gerade diesen Artikel. , den ich eingermaßen einfühlsam finde, er hebt sich deutlich ab von dem Üblichen. Er lässt uns zwar am Ende ratlos zurück, aber diese Rat-Losigkeit ist ja in vielfacher Hinsicht überall spürbar.

“Manche kamen fast jeden Tag hierher….(…) Dieser Akt des Trauerns und Verarbeitens, er hatte für viele Menschen etwas Rituelles, war lieb gewonnene Gewohnheit. Doch nun endet die Trauerzeit für die Opfer der Loveparade-Katastrophe. Nur noch bis Samstag ist der Tunnel an der Karl-Lehr-Straße das, was er in den vergangenen sechs Wochen war: eine verkehrsberuhigte, begehbare Trauerstätte. Bald kehren die Autos zurück. Und es heißt Abschied nehmen vom stillen Abschiednehmen.”

Sie haben das gut erkannt, Herr Richter. Und tief empfunden. All das gehört dazu, wollen wir heil werden. Aber ein Abschiednehmen vom Abschiednehmen -  das gibt es leider nicht. Wie sehr wir es uns auch wünschen mögen. Das hieße,  den begonnen Heilungsprozess zu unterbrechen. Die Seele kennt eine angemessene Trauerzeit: Sie dauert, solang wie sie dauert. Es ist Schreckliches passiert, niemand hat sich bis heute verantwortlich gezeigt und die Stadt steht seit Wochen in immer beschämenderer Weise vor den Augen der Weltöffentlichkeit. Wir sind weit weit entfernt von jeder Normalität, und wie stehen nicht einmal am Anfang eines Heilungsprozesses. Wir befinden uns mitten in der Krise. Und daß man sich, wenn man uns seitens unserer gewählten Vertreter schon nicht hilft, uns nicht in angemessener Weise beisteht, daß man also sich dann noch daran macht, uns unserer Selbstheilungskräfte, und unserer eigenen Trauerrituale zu berauben, – das ist ein unglaublicher und nicht hinnehmbarer Akt.  Der einen aber nicht zwangsläufig ratlos zurücklassen muss.  Ja, wir machen das. Wir gehen hin, und wir bewahren die Anfänge dieses Prozesses dann eben in einem Cubus auf.  Nutzen wir diese Gelegenheit in Gemeinschaft trauern zu können, einen paar Schritt dieses schmerzvollen Weges mit den Angehörigen sein zu können. Danach aber können wir dennoch weiter in den Tunnel gehen. Wir können weiter dort Kerzen entzünden. Wir können dort weiterhin  Gebete sprechen. Wir können auch weiter “verkehrsberuhigt” fahren und uns den Tunnel teilen, wie wir uns auch dem Platz vor dem Theater teilen können. Wir können auch Blumen dort weiter hinlegen. Jedersollte nur dann einen verwelkten Strauss mit nach Hause nehmen, damit dort kein Unrat anwächst.

Wir können unser Trauer auch weiterhin dorthin tragen, wo sie ihren Ursprung hat… Den möchte ich sehen, der uns das verwehrt.