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Wie lange noch ?

Freitag, 3. September 2010, geschrieben von Mimi Müller

Als ich eben von dem Erinnerungskarton las, den man uns nun “um die Ecke” stellt, da habe ich wieder dieses blöde Husten bekommen. Bekomme ich öfter mal seit der Loveparade.  Das Alles verschlägt mir die Spucke und raubt mir den Atem.  Die Bürger einer ganzen Stadt werden von dem überwiegenden Teil Ihrer gewählten politischen Vertretern in einer Art und Weise hintergangen, getäuscht und offen missachtet, die ich nur noch als niederträchtig empfinde. Allerorten werden publikumswirksam Gutachten präsentiert, die politische Schacherei um juristische Schuld, Verantwortungslosigkeit und politisches Versagen hat seit gestern den  Landtag erreicht, und wenn wir noch eine kurze Weile warten, wird man sich auch in Berlin darum streiten, wer in Duisburg am unschuldigsten ist. Das Einzige, was überhaupt feststeht ist, dass wir das Trauern aufzuhören haben.  Ab morgen wird  “abgeräumt” – und da  hat die “Politik” wieder die “Führung” übernommen, hält die “Zügel” fest in der Hand. Ich bin jeden Tag neu fassungslos darüber,  was man hier vor den Augen der Weltöffentlichkeit  “inszeniert”.

Das Einzige, was mich beruhigt,  ist, dass all das  “geschrieben” steht, dass alles was und wie es geschah und noch geschieht tausendfach dokumentiert ist.  Das diese Dokumente weltöffentlich sind.  Dass  Alles,  ob es  vor, während oder nach der Loveparade geschah, nicht unverborgen bleiben wird, nicht vertuscht werden, man anderem auf die Spur kommen kann. Und dass wir diesen furchtbaren Wochen viele Erkenntnisse verdanken werden, die uns für unser zukünftiges Leben von großem Nutzen sein werden.  Die Masken derer, die wir wählten, sind gefallen. Sie sind es so vollständig wie noch nie zuvor.  Macht, Eitelkeit, Arroganz, Habgier und Großmannssucht, Verantwortungslosigkeit – all das, was in seiner Summe zu diesem Unglück führte,  treten jetzt, danach, noch viel offener zu Tage. Und nachdem sie nun so offen ihre wahren Gesichter zeigten, wissen wir endgültig, woran wir mit Ihnen sind.  Zeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen.

Wir interessieren sie nicht. Sie interessieren sich nur für sich selbst.

Wir interessieren sie als Statisten für ihre selbstsüchtigen Inzenierungen, als Steuerzahler, die man beliebig melken, als Arbeitskraft, die man ausbeuten kann,  als Stimmvieh, als Konsumenten, denen man für viel Geld Dreck andrehen kann. Wir sind die  Sprossen auf ihrer Karriereleiter – und sie treten uns, um nach oben zu kommen. Sie riskieren unsere Gesundheit und unser Leben. Sie tun es des wirtschaftlichen Vorteils,  Ihres Ansehens in gesellschaftlichen Kreisen, ihrer Karriere wegen. Und auch ein Berufsschullehrer glaubt dann ganz schnell mal ein “Globalplayer” zu sein und “stemmt Projekte”, die für sein globales Dorf  zwei Nummern zu groß sind.  Sie sind mittlerweile wie besoffen von den Atmosphäre, die sie sich selbst schaffen, sie  steigern sich in Euphorien hinein, kein Superlativ zu groß, kein Preis zu hoch,  kein Risiko, daß sie scheuten. Sie umgeben sich mit Kunst und Künstlern, Architektur und Arrchitekten – auf dass auch davon ein Abglanz auf sie falle. Nichts ist unmöglich – wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Es sind immer wir, die Bürger,  die verlieren. Und zahlen.

Das muss aufhören. Hier in Duisburg haben Menschen für diesen krankhaft gestörten Narzissmus, diesen ganzen  Wahnsinn,  mit ihrem Leben gezahlt, wurden Hunderte verletzt und tausende schwerst traumatisiert.  Eine ganze Stadt steht am Abgrund – ohne das dies von den politisch Verantwortlichen überhaupt nur zur Kenntnis genommen wird. Auf allen politischen Bühnen, im Stadtrat, im Landtag, wird ein Schauspiel geboten, das erbärmlicher gar nicht sein könnte. Ein Geschacher ohne gleichen.  Nie war das politische Spektakel widerlicher.

Das alles muss ein Ende haben.  Und es sind allein noch die Duisburger, die Menschen, die in dieser Stadt leben, die das herbeiführen, und damit für uns alle eine Wende herbeiführen können. Wenn sich diese Stadt noch einen Funken Ansehen in der Welt bewahren will, dann müssen die Menschen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen.

Von denen, die sie gewählt haben, haben sie offensichtlich nichts andres mehr zu erwarten, als täglich neue Demütigung und Erniedrigung.