Zurüruck zum Inhalt

Glühwein – oder: wie das weiterging…

Dienstag, 7. Dezember 2010, geschrieben von Mimi Müller

Wir hatten uns damals also, nach einem Schluck aus meinem hübschen, kleinen, silbernen Flachmänneken innerlich gewärmt, auf den Weg zum Baumarkt gemacht. Der Weihnachtsmann hatte mir eine Frage stellen wollen, sie aber dann wieder vergessen. War also wohl nicht wichitg gewesen. Schweigend stapften wir durch den Winterwald. Der Schnee schneite, die Füße froren, und der Weihnachtsmann hatte schon erste Eissterne in den Barthaaren, als wir endlich den Parkplatz betraten , wo justament am Imbiss der erste Glühwein ausgeschenkt wurde. Der zweite auch.  Einigermaßen ausser Atem tranken wir schweigend. Bis zum Dritten. Wir waren nun beide guter Dinge, die Laune war gehoben, die Nasen und Wangen rot, die Münder lose. Nach und nach erfuhr ich die ganze Geschichte: Es war dann doch so gekommen, wie er es damals, anno 2000, als wir uns kennenlernten, es für sich hatte kommen sehen . Die United- Christmess – Company hatte das gesamte Weihnachtsgeschäft übernommen. Die Wunschzettel der Kinder wurden nur noch per e-mail angenommen, die Rechnung zahlten die Eltern. Der United-Päcksken-Service brachte die Geschenke einigermaßen unpünktlich, irgendwo um das Jahresende herum,  zwar nicht mit einem Rentierschlitten, aber zu saftigen Gebühren.  Nüsse, Äpfel, Plätzchen-  alles wie gehabt, nur eben zunehmend aus dem Juneitid Gen-Back and Veräppel-Shop. “Alles United”, hatte er damals gesagt, “Fusion und feindliche Übernahmen. Unser guter alter Himmel mit Engelbäckerei, und die Spielzeugwichtel – pleite, Mimi, nach 2000 Jahre können wir mit der Globallesierung nicht mithalten: nu isset aus.  Engel, Wichtel, allesamt werden wir arbeitslos. ” Ich hatte ihm damals Mut zu gesprochen, auch, ihm geraten, mehr an sich zu glauben.

Und nun, 10 Jahre später, standen wir wieder an einer Glühweinbude, mitten im Schneetreiben, und ich erfuhr, dass er damals meinem Rat gefolgt war. Ein einigermaßen verhängnisvoller Ratschlag, wie sich herausstellte, denn ich hätte bedenken müssen, dass der Weihnachtsmann Amerikaner ist. Und als solcher hatte er sich dann dem Wettbewerb gestellt und nichts unversucht gelassen, sich  “am Markt” zu behaupten…

Denn das müssen Sie bei allem, was Sie so über ihn hören, ja immer bedenken:  Der Weihnachtsmann ist nicht das Christkind. Das wird allzuleicht vergessen.  Das Christkind…. das schwebt sozusagen über allem, wohingegen der Weihnachtsmann am Nordpol wohnt. Man kann sagen, der Weihnachtsmann ist eher … weltlich. Gebürtiger Amerikaner hatte er zu Beginn seiner Berufslaufbahn bei CocaCola als Saison- und Zeitarbeiter gejobbt, sich dann aber sehr schnell völlig selbständig gemacht. Naja, den Rest kennen Sie…  Bis zu diesem denkwürdigen Abend an der Glühwein-Bude bei Max Bahr, an dem ich auch erfuhr, daß der Weihnachtsmann sich mit EU-Fördermitteln den neuen roten Super-Schlitten gekauft hatte. Da man ihm bei Wichdellhohoho für die Rentiere keine Abwrackprämie hatte zahlen wollen, hatte er bei Hagenbeck um freie Kost und Logis für sein Gespann gebeten, war aber abgeblitzt.  Niemand nimmt einem, der mitten im Hochsommer mit rotem Wintermantel und Fellmütze daherkommt, die Rentiere ab. Am Ende hatte er sie dann zur Brunftzeit des Dammwilds im Duvenstedter Moor ausgesetzt…

Je mehr Glühwein wir tranken, umso abenteuerlicher wurde seine Geschichte…

CIMG0681