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Es heißt Demokratie. Von Demokratur war nie die Rede.

Sonntag, 8. August 2010, geschrieben von Mimi Müller

Bevor ich mich wieder den Geschehnissen im Vorfeld der Loveparade zuwende, möchte ich noch Fragen beantworten, die im Internet, (der Westen), von 2 Kommentatoren gestellt wurden, die ich dem „politischen Umfeld“ zuordne.

Ich gebe die Fragen bzw. Kommentare hier (auszugsweise) wieder:

1.   Was soll das ganze Gerede von Schuld der Ratsmitglieder egal welcher Couleur? Und der   Rat konnte nur über die Dinge mit bestimmen, die ihm auch zur Kenntnis gegeben wurden. Also erst denken dann schreiben!

(von „zu viel tote“ , am 06.08.2010 um 22:19)

2. (…) Von den Bedenken innerhalb der Verwaltung hat der Rat nichts mitbekommen. Das wurde auch von der Verwaltung nicht als Infomation preisgegeben.
Nach meinen Informationen wurde dem Rat der Stadt nur mitgeteilt, dass alle beteiligten Behörden und Sachverständigen das Konzept für gut befunden haben! (…)

A. Sauerland hat den Stadträten wenige Wochen vor der Veranstaltung mitgeteilt, dass es ein Sicherheitskonzept gibt, das von allen Fachleuten bestätigt wurde.
Was, bitteschön, sollten die ehrenamtlichen Stadträte dagegen sagen?!
(…)Wenn man die Ratssitzungen und deren Beschlüsse live verfolgt hat und dabei mitbekommen hat, wie sehr der OB auf die Durchführung der Loveparade erpicht war, dann kann man auch verstehen, weshalb er alle kritischen Fragen abgebügelt hat. Ich sehe ihn noch von seinem Platz aufstehen und an das grosse Rednerpult gehen, um die “Unfähigkeit” der anderen Fraktionen, insbesondere der SPD-Fraktion darzustellen und Hohn und Spott über sie auszukübeln.“

von „meldemichjetztmal“ , am 08.08.2010 um 01:18

Sehen Sie, da ist es wieder, dieses seltsame Demokratieverständnis, das mittlerweile einer organisierten Verantwortungslosigkeit gleichkommt. Der Stadtrat hat eben kein Abnicktheater zu sein, das ist nie so gedacht gewesen, daß da 30, 50 oder auch 100 Leute von den Bürgern gewählt werden, damit die anschließend die Aufträge erteilen, die ihre Parteispitze einbringt. Dann können wir uns die ganze Veranstaltung auch gleich sparen. Allein an den in diesen Kommentaren geäußerten Auffassung erkennt man die Pervertierung des Demokratiegedankens in ihrem vollem Ausmaß. Wir beschließen was und für den Rest sind wir dann nicht mehr zuständig. Was wir beschließen sollen– das bringt “die Partei”, “die Verwaltung” “der Oberbürgermeister” ein, was wir beschließen sagt uns die Fraktionsspitze, – und wenn wir beschlossen haben, dann sind wir nicht mehr zuständig. Es sei denn, die Fraktionsspitze beschließt, dass wir nochmal irgendwas beschließen sollen. Von Anfang bis Ende nur eine Eigenbeteiligung: einmal Nicken. Und selbst das wird oft genug ersetzt durch das einfache Nicken des Fraktionschefes.

Man fühlt sich weder dem Bürger, noch sich selbst gegenüber in irgendeiner Verantwortung. Das alles, vom Antrag bis zum Beschluss, das regelt ja „die Verwaltung“ “die Partei”, und was die regeln, das macht „unser“ Oberbürgermeister. Ein Stadtrat aber hat Pflichten, von denen hier überhaupt nicht geredet wird: Er hat den Bürgermeister und die Verwaltung zu überwachen – insbesondere die Ausführung seiner Beschlüsse. Was in den Kommentaren propagiert wird aber ist das, was ich organisierte Verantwortungslosigkeit nenne. Sie wird mit einem  erschreckenden Selbstverständnis gepflegt. Mit einem ebenso erschreckenden Selbstverständnis treten einzelne Ratsherren und Frauen auch den Angestellten der Stadtverwaltung gegenüber. Wenn es um persönliche Belange geht wissen sie sehr wohl, mit wem zu reden, wer zuständig ist – und scheuen sich nicht, direkten Einfluss auf Verwaltungshandeln zu nehmen, wobei man sich auch gelegentlich wohl schon mal im Ton vergriffen hat.

Das Oberbürgermeisteramt ist kein Sonnenkönigtum. Wie kann man als Ratsmitglied nur sich und das Amt so klein machen? Ein solches Gebaren gereicht ihm schon lang nicht mehr zur Ehre. Wie kann man so fraglos hinnehmen, was „die Partei“ vorgibt.

Der Wunsch eines Bürgermeisters ist kein Befehl. Und darf es niemals sein.