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An “den Stadtrat”. Persönlich. Jedem.

Sonntag, 15. August 2010, geschrieben von Mimi Müller

Ich möchte ein paar Worte direkt an Sie richten:

Sie werden sich von mir ungerecht behandelt fühlen.  Dass ich Sie, ganz persönlich, in einer Mitverantwortung sehe, und öffentlich fordere, diese zu tragen,  das muss Sie schmerzen. Ich möchte Ihnen sagen,  daß ich mir zutiefst bewußt bin, daß ich sie verletze, in Gewissenskonflikte bringe.  Allein: ich tue es nicht ohne Grund. Mein Verständnis für Ihr bisheriges Handeln ist aber größer, als Sie es annehmen mögen. Auch Sie sind ja durch „jahrzehntelange Übung“ in eine Situation geraten, die sie einmal mehr in Konflikte bringen musste.  Sie werden vielleicht hier und da die gleiche Ohnmacht gefühlt haben, wie sie die Bürger seit langem befällt, wenn sie sich den  „Verhältnissen“ ausgesetzt sehen. Und werden gedacht haben “ich kanns ja nicht ändern”. Ich wünschte, Ihnen meine Vorhaltungen ersparen zu können, aber das ist angesichts des Geschehenen völlig unmöglich. Ich las gestern den Eintrag eines ehemaligen Ratsherren, ( scrollen, in Kommentarleiste unten. Die Mitkommentatorin “andere Mimi” bin ich nicht. Eben: eine andere.), den ich Ihnen hier auszugsweise wiedergeben möchte:

„Ich war vor 10 Jahren selber mal Ratsherr in dieser Stadt, und wundere mich darüber, was einzelne Forumsteilnehmer hier, aber auch in anderen Foren über die Möglichkeiten, die Ratsmitglieder haben, so denken. Als ich mal im Ausschuß sagte, daß ich nicht da wäre, um die Verwaltung zu unterstützen, sondern um diese zu kontrollieren, daß das der Grund sei, warum ich überhaupt da sitze, haben mich einige ältere Ratsmitglieder erstaunt angeguckt. Aber so ist es. Das ist das Wesen der Demokratie schlechthin.“

Sehen Sie, und deshalb kann ich uns allen das nicht ersparen, was zu sagen ist, und was Sie nicht hören mögen. Das genau ist eben nicht das Wesen der Demokratie schlechthin! Es ist das exacte Gegenteil: die Pervertierung des Wesens der Demokratie schlechthin. Und sie wird regelmäßig schweigend hingenommen, mit einem Selbstverständnis, das einen sprachlos macht…  Man hatte sich anzupassen, wurde mit Spott und Häme übergossen, wenn man es nicht tat, wie es in einem anderen Artikel heißt. ..Und man passte sich an. Dem Willen der Partei. Und den Demokratievorstellungen der Älteren…

Was das für unser soziales und gesellschaftliches Leben bedeutete, werde ich – soweit es nicht ohnehin schon jeder am eigenen Leibe erfahren hat- in der kommenden Zeit ausführen, nehme aber vorweg, was es für die Demokratie bedeutete:  Wir haben sie in all der Zeit gegen Angriffe von Aussen  verteidigt – aber wir haben zugelassen, dass sie langsam aber stetig, inwendig ausgehöhlt wurde…

Und dazu kann niemand schweigen! Uns all dessen bewußt zu werden, was uns an diesen Abgrund führte, an dem wir stehen, das ist Teil  des Aufarbeitungsprozesses, an dessen Anfang wir gerade erst sind. Das Geschehene ist eine Zäsur – ob Sie es nun wahrhaben wollen oder nicht. Sie, die Stadträte, sind aufgefordert, den Duisburger Bürgern Ihrer deutlichen Willen zu einem Neuanfang erkennbar zu demonstrieren. Sie können sich ja dann erneut zur Wahl stellen. Jeder Einzelne von Ihnen ist für uns mit seinen zahlreichen persönlichen Erfahrungen von unschätzbarem Wert. Als verlängerter Arm Ihrer Parteispitzen aber sind Sie für uns nicht von Nutzen. Sie können das Vertrauen der Bürger gewinnen, sich darum bewerben und es erneut ausgesprochen bekommen. Das wird Ihnen am besten mit Selbstkritik, persönlicher Aufrichtigkeit und ehrlicher Sorge um das Wohl der Stadt gelingen – unabhängig von Ihrer Partei.  Ich bitte Sie, all das zu bedenken, auch, es sich zu Herzen zu nehmen, und sich mit denen, die sie kennen, die in Ihrer Nachbarschaft leben, zu besprechen. Mit den Duisburgern – nicht mit Ihrer Partei. Dann treffen Sie Ihre Entscheidungen. Es sind immer ganz persönliche. Wenn die Abwahl des Oberbürgermeisters ansteht, dann bitte ich Sie :  Folgen Sie ausschließlich Ihrem Gewissen. So ist es in der Demokratie vorgesehen. So soll es sein.

Und danach machen Sie bitte auch selbst den Weg frei für einen Neuanfang. Mit uns. Nicht gegen uns.