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Mit nem Teelöffel Zucker

Donnerstag, 14. Oktober 2010, geschrieben von Mimi Müller

Hier. Noch einmal. Weils so schön ist, aber auch, weil ja nicht jeder unserer politischen Möchtegern-Globalplayer des Englischen mächtig ist…

Ich habe viele, viele Gespräche geführt in letzter Zeit.  Wenn eines in ihnen immer wieder zum Ausdruck kam, dann, dass in Duisburg ein erschreckendes Klima der Angst vorherrscht.  Diese Angst ist sowohl in- wie auch außerhalb der Rathausmauern weit verbreitet,  sie hat Menschen in der Verwaltung, bei den städtischen Töchtern, Vereinen und anderen Zusammenschlüssen ergriffen und macht auch vor dem einzelnen Bürger nicht halt. Natürlich ist die Angst innerhalb der Rathausmauern eine andere als die außerhalb.  Die Gründe sind von einander durchaus unterschieden, sind vielfältig und vielschichtig – aber es ist immer Angst, die vorherrscht.

Ich bin deshalb zu dem Schlusse gekommen, daß ich uns erstmal allen ein paar Tage Ruhe gönne, ein paar Tage, in denen ich Ihnen keine neuen Erkenntnisse vermittle, die Aufklärung hier im Tagebuch nicht weiter vorantreibe, als es – auf Grund von Entwicklungen – notwendig ist. Ich sehe, daß viele von Ihnen ersteinmal das bisherige noch “verdauen” müssen. Der Satz, den ich am häufigsten zu lesen und hören bekam war:  “Das habe ich alles nicht gewußt. Ich hatte keine Ahnung.”  Sie alle vereint der feste Wille,  die politisch Verantwortlichen für die Loveparade zum Rücktritt zu bewegen und der dringende Wunsch, nach umfassender Information über das Geschehen in dieser Stadt, insbesondere, was das Geschehen um verschiedene “Leuchtturmprojekte” angeht, bei denen sich die  “Geschäftsgrundlagen” maßgeblich verändert haben bzw. verändert worden sind oder verändert werden sollen. Da es sich hier um existentielle Fragen mit weitreichenden Konsequenzen für die Zukunft handelt, verlangen Sie zu Recht, genaueste Informationen, Dialog und die Möglichkeit erweiterter, direkter Einflussnahme da, wo die Vorstellungen der Ratsfraktionen grundsätzlich von denen der Bürger abweichen.

Ich möchte in den nächsten Tagen vornehmlich diese Ängste abzubauen versuchen und statt des bedrückenden Klimas der Angst eines ruhiger  Gelassenheit zu etablieren suchen.

Manchmal scheint mir vergessen zu sein, daß wir bereits in einem Rechtsstaat leben, daß wir ein Grundgesetz haben und dass wir uns die Demokratie, demokratische Rechte nicht erst erkämpfen müssen. Wir haben sie.  Hier geht es oft, und das ist wirklich schlimm, darum, daß sich viele schon fürchten, überhaupt von ihnen Gebrauch zu machen.  Egal ob Bürger oder Staatsdiener:  beide haben gleichermaßen Angst vor Repressionen, wenn Sie von grundgesetzlich garantierten Rechten Gebrauch machen wollen. Bei “Staatsdienern” geht die Angst noch weiter:  Sie haben sogar  Angst,  Ihren Verpflichtung, die sie dem Staate gegenüber haben,  aus Angst vor dem unmittelbaren Dienstherren nachzukommen.

Das ist alles zu tiefst bedenklich und alarmierend. Ich habe mich deshalb entschlossen, Sie dahingehend zu stärken, daß Sie erst einmal wieder ein Gefühl dafür bekommen, daß Sie nichts “Unrechtes” verlangen und daß wir in einem der freiheitlichsten Staaten der Welt leben, dessen Grundrechte in Anspruch zu nehmen Ihnen niemand verwehren darf.  Wenn Sie, wie Sie oft sagen, schon fürchten müssen, daß das anders sein könne,  dann müssen Sie allerdings einräumen,  dass dann um so dringender ein Handlungsbedarf bestünde.  Dann wären wir aufgerufen, diese Rechte zu verteidigen, auf dass unser aller Gemeinwesen,  diese Stadt,  dieser Staat, die freiheitlich-demokratische Grundordnung keinen weiteren Schaden nehme.

Ich bin der Auffassung, daß sich hier niemand fürchten muss. Auch ich nicht. Lio Xiaobo hatte mit jedem Wort, das er schrieb, sprach, Anlass zur Furcht. Dennoch sprach, dennoch schrieb er.  Er will demokratische Rechte.

Wir haben allen Anlass zu reden. Auch, um diese Rechte, die wir schon haben, und für die Andere Tag für Tag in dieser Welt Ihre Freiheit, Ihre Gesundheit, Ihr Leben lassen, nicht zu verlieren.

Sie haben das Recht, zwischen all dem, man Ihnen erzählt und vormacht, nach der Wahrheit zu fragen und zu suchen. Und Sie brauchen sich weder zu fürchten, noch dafür zu schämen, wenn Sie sich nicht so gut auszudrücken wissen, wie die, die Sie hier seit Jahrzehnten mit wohlgesetzen Worten täglich neu über den Tisch ziehen.  Sie sind aufrechte, anständige Menschen. Daß man Ihnen hier ebensolange das Gefühl gibt, Sie seien blöde und hätten die Klappe zu halten, hat lange genug Wirkung gezeigt. Machen Sie sich frei davon!  Sie sind ganz wertvolle, mir sehr sehr liebe Menschen. Ein besonderer Schlag,  mit Herzen aus Gold.  Fürchten Sie sich nicht!

Jetzt also erstmal Seelenkräfte stärken. Unseren “Unverantwortlichen” möchte ich auch noch etwas schreiben… Gleich…