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Erste Begegnung mit der Kunst

Mittwoch, 5. Januar 2011, geschrieben von Ellen

Aufgewachsen bin ich in Lirich,  zwischen Zeche Concordia,  der Kokerei, Schacht 4 und dem Schlackenberg. Kunst?  Eine recht einseitige Ausstellung in St. Katharina, allerdings hatte ich damals, als ich die Welt zu entdecken begann, noch keine Begriffe zu dem Geschauten.  So wußte ich weder was Kunst war, noch Religion. Ich empfand beides mehr, als dass ich etwas davon gewußt hätte.

Schulfreie Zeiten verbrachte ich stets bei einer Patentante in Krefeld, der “Seidenweberstadt” – die so ganz anders war, als der Pott.  Krefeld wurde mein Tor zur Welt. Und die Welt: das war Kunst. Bestimmt. Konnte nicht anders. Denn…

Bei einem meiner Streifzüge durch die fremdgrüne Stadt hatte ich ein imposantes Gebäude gesehen. Eines, von dem meine Patin auf meine Nachfrage gesagt hatte, es handele sich dabei um ein Museum, es würden dort kostbare Dinge aufbewahrt und jedermann könne für 2 Groschen hinein und sich alles ansehen. Am nächsten Tag ging ich hin. Jeden Tag ging ich fortan hin. In allen Ferien. Immer und immer wieder.  Schon bei meinem ersten Besuch – ich war damals wohl gerade 11 oder 12 Jahre alt – war ich aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen. Das war ja unfassbar, was es da alles zu sehen gab. Parterre war nicht schlecht, da stand der Bildmachautomat, aber das Abenteuer begann auf der ersten Etage.  Da gab es  das  “Alte”.   Bilder, die waren wie Photografien, Portraits von Menschen, die irgendeine Bedeutung gehabt haben mochten, vor langer langer Zeit, es gab Möbel, Porzellan, Glas… Besonders angetan hatte es mir das  “Grüne Zimmer”.  Es war klein und grün und golden, voller Stuck,  Ornamente und Bilder – nie hatte ich etwas Schöneres gesehen. Wie gern wäre ich stundenlang nur in diesem einen Zimmer geblieben. Das Verweilen, das Stehen bleiben und langelange Betrachten, wurde einem allerdings erheblich verleidet durch die “Museumswärterinnen”, die sich einem stets an die Fersen hefteten und mit versteinertem Gesicht allenthalben miserabele Gefühle bereiteten. Wenn ich genug von ihnen hatte, ging in in die obere Etage.  In der “Moderne” hatten die Wärterinnen keine Macht mehr.

Hier war alles in Bewegung, durfte man vieles anfassen, ja wurde nachgerade aufgefordert selbst tätig zu werden. Da gab es einen Raum, “Kybernetik” stand dran, da reagierte, was drinnen war, auf die Geräusche, die man selbst verursachte.  Ob man hustete, sang oder sprach (und all das durfte man in der “Moderne”) – es fand einen sichtbaren Widerhall.  Eine bunt blinkende Waschmaschinentrommel hatte es mir ebenso angetan wie etwas an der Wand,  dass mit einem Schild “Atemfell” versehen war.  Auch gab es Schaukästen, in denen Brot und Gemüse verschimmelten – etwas, dass sich mir nicht so ganz erschloss. Allerdings sah es jedesmal anders aus, wenn ich es widersah. Vielleicht, wenn es lang genug geschimmelt hatte, wäre es ja eines Tages….Kunst?

Das “Karussel der Tausend Nägel” wie ich es nannte, hatte es mir so angetan, dass ich mich selbst daran machte, etwas ähnliches zusammenzuzimmern…

Das Alles war Kunst? Dann war die Kunst also etwas sehr sehr Schönes (wenn es alt war) wie sie auch etwas Spaßiges, aber völlig Unverständliches oder Unsinniges sein konnte (wenn sie modern war)?

Mit 12 ahnte ich:  Kunst ist etwas ganz ganz Besonderes. Immer etwas anderes zwar – aber immer machte es Freude.

Mir schien, es gäbe für jede Stimmungslage auch eine Kunst…

Ich wollte mehr davon …