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Innehalten, Atem schöpfen. Dann weiter…

Dienstag, 21. Juni 2011, geschrieben von Mimi Müller

Meinzeit, was war ich gestern wütend!

Beinahe hätte ich doch meinem Zorn Raum gegeben und über Nacht mal alles eingetippt, was sie schon immer wissen wollten …

Pünktlich zum Start des Abwahlverfahrens waren sie dann ja alle wieder da, in sämtlichen Foren,  die,  mit dem fehlenden Demokratieverständnis, die, die einen auf die Palme bringen können, mit ihren dummdreistdämlichen Kommentierungen.

Wieder ist die Rede von Hetzjagd, wieder scheint “politische Verantwortung” ein Fremdwort zu sein, wieder drischt man auf die ein, die ihre Übernahme einfordern. Wie vor nun fast schon einem Jahr , als man hätte annehmen können, der gesamte CDU-Kreisverband tippt, bis das die Tastaturen qualmen. Und immer wieder der Vorwurf,  die Forderung des Abwahlverfahrens seie politisch motiviert.

Man kann den Duisburg 21 – Initiativen wirklich vieles vorwerfen:

dass sie ungeübt sind, in solchen Prozessen,

dass sie ein kunterbunter Haufen sind,

dass sie sich ausseinandersetzen, auch untereinander,

aber eines kann man Ihnen gewiss nicht vorwerfen: dass sie parteipolitisch gesteuert und motiviert seien.

Ich möchte das noch einmal ganz ausdrücklich betonen:

Das sind sie nicht. Und ich möchte Ihnen gerne mit den Worten einer anderen Kommentatorin sagen, was sie in ihrer überwiegenden Mehrzahl sind :

“Parteilose, Gewerkschaftslose, Leute, die sich noch nie derartig politisch engagiert haben, aber anläßlich des 24.07.2010 aufgestanden sind. Solche Menschen stehen hinter der Abwahlinitiative. Unsinnig, uns in die rechte, linke oder mittige Schublade stecken zu wollen. Da passen wir nicht rein. Wir kommen schlicht aus der Mitte der denkenden Bevölkerung und lassen uns nicht parteipolitisch instrumentalisieren.”

Und gerade weil sie sich parteipolitisch nicht instrumentalisieren lassen, auch nicht unterwandern lassen wollen, hat es zunächst viel Mißtrauen untereinander und viele  kontroverse Diskussionen gegeben.  Sie haben das Mißtrauen ausgeräumt, die kontroversen Debatten durchgestanden. Jede der verschiedenen Gruppierungen hat auf ihre Weise dafür gesorgt, daß die von Herrn Sauerland gewünschte Rückkehr zur einer ” Normalität” die nur die seine sein konnte, nicht stattfand.

Die Gruppen  “Suchet der Stadt Bestes” und “Bürger!Macht!Politik!” haben nicht nachgelassen in Ihrem Bemühen, haben von den politischen Verantwortungsträgern kontinuierlich Rechenschaft verlangt, über deren Tun, Dulden und Unterlassen. Der Schriftwechsel füllt schon Aktenordner. Und trotz  aller Bemühungen “von außen”, sie von ihrem Kurs abzubringen, ist es ihnen dennoch gelungen, den Druck auf die Verantwortlichen dieser Stadt,  sich ihrer Verantwortung zu stellen, stetig zu erhöhen. Mit Ihrer anhaltenden Präsenz bei öffentlichen Auftritten des  Oberbürgermeisters, mit ihren Anfragen und Eingaben bei Stadt und Land, mit der Aufklärung ihrer Mitbürger über viele andere schwelende “Leuchtturmprojekte” haben sie nicht nur Stadträte von Lustreisen auf Bürger`s Kosten abgehalten, sie haben in den vergangenen Monaten durch Ihre Aufklärungen den Boden dafür bereitet,  daß das nun von Herrn Hüsken erneut eingeleitete Abwahlverfahren hoffentlich den Erfolg haben wird, der ihm bei dem ersten Anlauf, bei dem der Bürger leider noch auf Parteienvertreter angewiesen gewesen ist, verwehrt war.

Auch die viel umstrittene Gruppe “Never forget – den Opfern der Loveparade” hat durch ihren Einsatz dafür gesorgt, das der Unglücksort selbst nicht aus den Augen der Öffentlichkeit verschwunden ist und in seiner Substanz bis heute erhalten blieb. Man kann über den Verein geteilter Meinung sein,  man kann, ja zuweilen muss man sich auch distanzieren – unbestreitbar aber hat er einen wesentlichen Anteil daran, daß dieser Ort bis heute erhalten ist und nicht aus dem Bweußtsein der Öffentlichkeit verschwinden konnte, vergessen wurde.  Er ist das sichtbare Zeichen politischen Versagens und tiefster Verantwortungslosigkeit. Der Tunnel, die Rampe – sie selbst sind das eindrücklichste Mahnmal des Geschehenen.  Nur allzugern hätten die “Unverantwortlichen” zugleich mit den Toten auch diesen Ort begraben.  Daß dies bisher nicht geschehen konnte:  das ist denen zu danken, die an diesem Ort mahnend wachten.

So unterschiedlich die verschiedenen Menschen sind, die sich nach der von Menschen gemachten Katastrophe, auf ihre ganz persönliche Weise einsetzten,  so unterschiedlich sind auch die verschiedenen Gruppierungen, in denen sie sich zusammen fanden, sind die Wege, die sie dabei beschritten. Sie alle eint aber der feste Wille,  diejenigen in die politische Verantwortung zu nehmen, die diese Katastrophe leichtfertig herbeigeführt haben, insbesondere aber denjenigen, der mit einer bemerkenswerten Schnelligkeit mit dem Satz  “Ich habe nichts unterschrieben” jede Verantwortung von sich wies.

Sie alle, die, die sich jetzt wieder als Hetzer, Penner, Asoziale und Lumpenproleten beschimpfen lassen müssen,  die, die sich ungerechtfertigt Ermittlungen wegen Verstosses gegen das Demonstrationsgesetz ausgesetzt sahen und auf den Kosten sitzen blieben, die, denen man ein Gespräch mit Heckler&Koch angedroht hat, sie alle, jeder Einzelne und Alle zusammen genommen, haben viel erreicht.

Sie mögen auf unterschiedlichen Wegen, allein oder mit wenigen Gefährten, unterwegs sein, doch es ist ihr gemeinsamer Verdienst, dass die Duisburger nun selbst die Möglichkeit haben,  Ihre Geschicke zu bestimmen und einen Oberbürgermeister des Amtes zu verweisen, der sich seit dem 24.7. des vergangenen Jahres nicht mehr als der ihre erwies, und der sich bis heute weigert,  zu tun, was zu tun, seine Pflicht gewesen wäre:  die politische Verantwortung zu übernehmen, zurückzutreten, und so den Weg freizumachen für einen grundlegenden Neuanfang.

Es ist nun an den Duisburger Bürgern, diesen Mann abzuwählen. Die Hürden sind hoch und am Ende wird man mehr Stimmen brauchen,  ihn abzuwählen, als man brauchte, ihn gewählt zu haben – aber es ist ohne Zweifel möglich. Und ich glaube fest daran, daß genau das jetzt geschehen wird – mag Herr Sauerland sich auch noch so “süffisant” äußern, wie er es gestern in der aktuellen Stunde getan hat.  Solche Äußerungen sind den Duisburgern, die mir in meinem Leben begegnet sind, ein großer Ansporn.  Wir lassen uns nicht gern verhöhnen.

Bevor ich mich jetzt wieder für eine ganze lange Weile von Ihnen verabschiede, möchte ich alle Mitstreiter für die Demokratie bitten, einen Augenblick innezuhalten und sich in Erinnerung zu rufen, was sie bis hierher schon geleistet haben.  Das ist sehr viel:

Ihr habt allen Widerständen getrotzt, seit keinem auf den Leim gegangen, habt Ausdauer bewiesen, habt Euch weder einschüchtern noch vereinnahmen lassen.  Ihr habt Berufe, habt Familien, habt “sowas” noch nie gemacht,  ihr seit völlig unerfahren gewesen, in all den Dingen, mit denen man sich in einem solchen “Kampf” auseinanderzusetzen hat:  mit den Findungs- und Selbstfindungsprozessen, dem Umgang mit Medien,  dem, mit sich selbst – und dem mit Anderen.

Ihr habt Euch nicht gedrückt. Ihr habt nicht aufgegeben.

Ihr habt den Weg bereitet und den Duisburgern die Chance zu einem Neuanfang eröffnet.

Das ist schon jetzt Duisburger Stadtgeschichte. Und niemand in spätren Zeiten wird sagen können:  da war kein Mensch und niemand ist aufgestanden.  Es wird geschrieben stehen:

Da waren Aufrechte. Und täglich wurden es mehr…