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Ein Blick zurück

Samstag, 15. Februar 2014, geschrieben von Mimi Müller

und zwar nach Duisburg … immernoch Heimat…und ich :  immernoch Rheinländerin.

Da las ich gerade,  daß mal wieder eine Halle gesperrt wurde. Und da hab ich nochmal zurückgeblättert …  weil da bei den Kommentaren ja jemand zu erinnern glaubte…Ja, da sind eine Menge Fragen zu beantworten.

Ich habe sehr lange überlegt,  ob und was ich zur Anklageerhebung “Loveparade” schreiben soll/will.  Zunächst war da ein Gefühl von Scham.  Ich hab mich gefragt,  wie man das den Hinterbliebenen, den Verletzten erklären will, dass die,  die nicht nur sie für die Hauptverantwortlichen halten, nicht zu den Angeklagten gehören werden.

All die  Zeit stand mir wieder vor Augen, damals, unmittelbar im Anschluss an die menschengemachte Katastrophe… wie wir feststellten, daß sie sich im Urlaub befanden,  die, die die Unterschriften hätten leisten müssen. Der Oberbügermeister , der Stadtdirektor, alle unterwegs, so daß es an anderen hängen geblieben war,  zu zeichnen, was niemals hätte gezeichnet werden dürfen.  Wir ahnten damals schon, was wir jetzt wissen…

Und all die  Protokolle,  auch das,  in denen Rabe so eindringlich vermittelte, was der OB wünsche… Die “Eigensicherungshinweise” … Die Notiz, die Dressler machte, in der er die Verantwortung ablehnte… Der Innenminister, der vor Ort war,  Interviews gab – und dann ganz ganz zügig den Ort des Geschehens verließ, angeblich zu einer privaten Geburtstagsfeier, – statt sich unverzüglich in den Krisenstab zu begeben. Der es vortrefflich verstanden hat,  sich und die  seinen ganz fernzuhalten von den Frage der Verantwortung.  Und der es sehr geschickt verstand,  die Empörung der Bürger und ihre Initiativen so zu lenken,  daß manch einer bis heute noch nicht fassen kann,  wie sehr er nur Figur auf einem politischen Schachbrett war…

Wie die Staatsanwaltschaft Duisburg “dem Wunsch” der Kölner Polizei nach einer schnellen Durchsuchung und Beschlagnahme im Duisburger Rathaus nicht entsprach… Wie dann, Monate später erst, nach e-mail Korrespondenzen gesucht wurde, nach Festplatten.  Wie man feststellte, daß da nichts war.  Über Verneblungstaktiken lasen wir.  Und über Ermittlungslücken.  Über unvollständige Datenübergaben.

Jahr um Jahr verging …

An all das habe ich mich erinnert.  Und aufgehört, mich zu schämen. Fremdzuschämen.

Die Duisburger Bürgerinnen und Bürger können den Angehörigen aufrecht gegenübertreten,  ohne sich schämen zu müssen.  Sie sind bis jetzt die Einzigen, die ihrer Verantwortung gerecht wurden.

Sie haben nicht geruht,  bis der Oberbürgermeister, der auf so schändliche Weise jedwede Verantwortung von sich wies des Amtes enthoben worden war.  Durch die Duisburgerinnen und Duisburger wurde Herr Sauerland in die Verantwortung genommen.  Nicht durch ihre gewählten Vertreter.  Nicht durch die Staatsanwaltschaft,  die hierzu keine juristischen Anhaltspunkte (mehr) zu finden vermochte.

Die Bürger taten, was in ihrer Macht lag.  Sie taten es ganz entschieden.

Was man von dem Oberbürgermeister, den sie sich dann gewählt haben, nicht sagen kann.  Dass der nun ausgerechnet Greulich,  der es nicht für nötig befand, angesichts der Katastrophe seinen Urlaub abzubrechen, einen hochdotierten Posten im “Konzern Duisburg” (ver)schafft,  das sollte aber auch dem letzten Gutgläubigen die Augen geöffnet haben.  So sieht Aufklärung nicht aus…

Und an Axel habe ich gedacht, der das alles nicht mehr miterlebt.  Der Tag für Tag Unterschriften sammelte,  der polterte und lachte,  litt und stritt, der Mut zu sprach,  wenn Verzweiflung drohte, angesichts dessen, was wir damals Tag für Tag erfuhren – und nicht fassen konnten…

Ich hoffe, dass in dem nun folgenden Gerichtsverfahren Tatsachen bekannt werden, die zu weiteren Anklageerhebungen führen. Ich hoffe, dass die, die Unterschriften leisteten, erklären, wie das damals war, im Vorfeld der Loveparade, wie es tatsächlich zugegangen ist, in diesen Gesprächen, die geführt wurden. Ich hoffe, dass da doch noch neue Beweismittel eingebracht werden. Und ich hoffe, dass da Richter sind, die beharrlich fragen, sich nicht zufrieden geben mit dem, was ihnen präsentiert wird,  die nach der Wahrheit suchen und eindringlich die befragen, die sie kennen.

Das ist, was ich hoffe.  Dass die Angehörigen Trost finden mögen. Und die Toten ihren Frieden.